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Mediensucht

Startseite » Infoletter » Infoletter 2024-01 » 08 Mediensucht

Kann man eine richtige Sucht nach Medien haben? Leider ja! In diesem Blogartikel erklären wir, was Mediensucht bedeutet, wie man risikoreiches Medienverhalten erkennt und welche präventiven Maßnahmen es gibt.

Die Bildschirmzeit am Smartphone lügt nicht. Auch wenn die Nutzungszeiten variieren, verbringen wir viel Zeit am Handy und (arbeitsbedingt) auch viel Zeit vor dem Laptop. Zum Abschalten schauen wir in der Freizeit mehrere Stunden fern, netflixen, spielen Videogames oder hören Podcasts. In Summe ergibt das ziemlich viel „Medienzeit“. Doch ab wann entwickelt sich daraus eine richtige Mediensucht? So viel vorweg: allein die verbrachte Zeit mit einem Medium oder mehreren Medien pro Tag ist noch lange kein Indikator für eine diagnostizierte Sucht oder doch?

Umgangssprachlich bedeutet Mediensucht der exzessive Umgang mit einem elektronischen oder digitalen Medium: Social-Media-Sucht, Handysucht und Computerspielsucht sind wohl die bekanntesten Begriffe heutzutage.

Was sind die Gefahren eines erhöhten Medienkonsums?

Auch wenn Medien ein wichtiger Teil und Informationsträger unserer Gesellschaft sind und deren Konsum meist mit Wissbegier oder reinem Vergnügen und Zeitvertreib verbunden sind, bietet die Medienwelt leider auch eine Angriffsfläche. Folgende Inhalte können in Zusammenhang mit Medienkonsum gefährlich sein:

Die Gefahren der Medien stehen nicht alle in direkter Verbindung mit Sucht. Aber ein sehr hoher, aktiver und unreflektierter Konsum von sozialen Medien erhöht beispielsweise die Gefahr, Opfer von Cyberangriffen oder Cybertaten zu werden. An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass riskantes Medienverhalten die unterschiedlichsten Auslöser haben kann und so individuell wie jede Person selbst ist. Dies gilt für Kinder, Jugendliche und auch für Erwachsene.

Blickt man in die Vergangenheit so stellt man fest, dass jedes Medium angefangen beim Radio oder Fernsehen bis hin zu den heutigen Smartphones in seiner Generation eine gesteigerte Nutzung erfährt und dadurch erstmal in Kritik stand oder steht.

Über die letzten Jahre hat sich aufgrund der Pandemie das die Nutzung von digitalen Medien erhöht, insbesondere bei jungen Menschen. Betrachtet man die erhöhten Bildschirmzeiten von Jugendlichen, wecken diese sofort Alarmglocken. Doch die reine Quantität der Nutzung sagt fast gar nichts über ein potenzielles Suchtverhalten aus. Erst wenn eine Person den Bereich des selbstbestimmten und kompetenten Medienhandelns verlässt, ist dies ein Indiz für eine Sucht. Was es damit genau auf sich hat und wie man einer Sucht entgegenwirken kann, erklären wir in diesem Blogbeitrag.

Was sind die Kriterien für eine Mediensucht?

Riskanter Medienkonsum kann sich auf verschiedenste Arten von Medien oder Inhalten beziehen. Es können allerdings einige Kriterien aus dem Alltag festgehalten werden, die den Medienkonsum (unabhängig vom Medium) als bedenklich einstufen lassen.

  • Keine oder wenige soziale Kontakte oder Interaktionen, die nicht online stattfinden.
  • Keine sonstigen Freizeitbeschäftigungen oder Hobbies außerhalb der medialen Welt.
  • Bei Kindern und Jugendlichen schulische, bei Erwachsenen berufliche Probleme.
  • Bereits bekannte begleitende Probleme (Depression, Angststörungen, Autismus, Impulskontrollstörungen, ADHS…) oder bereits diagnostizierte andere Süchte.

Hoher Medienkonsum kann zwar zur Abhängigkeit werden und sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden, doch eine krankhafte Sucht liegt in den meisten Fällen nicht vor. Meistens geht eine Sucht mit anderen Krankheitsmustern einher oder tritt bei Personen auf, die mit schwerwiegenden persönlichen Problemen kämpfen.

Tatsächlich gibt es weltweit „nur“ zwei offiziell anerkannte Formen der diagnostizierten Mediensucht: „Pathologisches Glücksspielen“ und „Gefährliches Computerspielen„. Diese wurden 2019 im ICD (Englisch: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) von der World Health Assembly verabschiedet. Die Sucht zum Glücksspielen ist in der Bevölkerung in angloamerikanischen Ländern mit 1-3% vertreten, Studien schätzen die Anzahl aber nur auf ca. 100.000 bis ca. 300.000 Betroffene in Deutschland.

Präventionsmaßnahmen und Anlaufstellen

Für alle Süchte, aber auch speziell für Mediensüchte, gibt es viele präventive Ansätze für Kinder oder Erwachsene, die den Medienumgang verbessern sollen. Dafür gibt es natürlich offizielle Anlaufstellen (siehe unten). Sie selbst können versuchen, Ihren täglichen Umgang mit Medien zu reflektieren, um risikoreichem Medienverhalten entgegen zu wirken.

Dabei kann es helfen, ein Medien-Tagebuch zu führen, um sich seiner Medienzeit bewusst zu werden und die konsumierten Inhalte in den Medien zu hinterfragen: Welche Geräte/ Apps oder Anwendungen nutze ich? Welche nutze ich am häufigsten? Auf welche Medien könnte ich verzichten? Was gefällt mir am Medium XY so gut? In welchen Situationen nutze ich Medien und warum? Hindert mich mein Medienkonsum an anderen Aktivitäten? Sind Medien für mich hilfreich? Wenn ja, welche? Die ehrliche Beantwortung dieser Fragen kann dabei helfen, sich das eigene Medienverhalten vor Augen zu führen und rechtzeitig negative Muster oder Gewohnheiten zu ändern.

Auch die Frühintervention spielt in der Behandlung von Mediensüchten eine große Rolle. Dabei soll einer gefährdeten Person (und ihrem Umfeld) passende Unterstützung in Form von Begleitung oder Beratung angeboten werden. Ziel ist es, die Risiken der drei Faktorenbereiche (Stichwort Suchtdreieck!) zu identifizieren und zu minimieren. Nur selten suchen Betroffene von riskantem Medienverhalten Behandlungsangebote selbst auf, oft auch, weil diese Verhaltensmuster nicht als gefährlich oder potenzielle Suchtgefahr erkannt werden. Umso wichtiger ist die Frühintervention, speziell auch im schulischen oder familiären Bereich (Eltern und Kinder).

Unterstützungsangeboten oder Materialien für die Präventionsarbeit:

Konkrete Anlaufstellen:

Fazit

Mediensüchte sind sehr vielseitig und äußerst komplex. Genauso unterschiedlich wie Medien sein können, sind auch die damit zusammenhängenden Gefahren des Medienkonsums. Wie bereits geschildert, ist die Entstehung einer offiziell klassifizierten Sucht von sehr vielen individuellen Faktoren abhängig, sowohl bei Erwachsenen als auch bei Jugendlichen oder Kindern. Sollten Sie potenzielles Suchtverhalten bei sich (oder Ihren Kindern / Schüler:innen/…) beobachten, ist es ratsam sich bereits präventiv zu informieren und gesundheitliche Hilfe aufzusuchen. Die Reflektion der Mediennutzung sowie die Stärkung der Medienkompetenz sind definitiv wirksame Präventionsmaßnahmen gegen mediale Gefahren wie auch Sucht.

Quellen:

Schnellcheck für Lehrkräfte: Erkennung von Handlungsbedarf bei Mediensucht

Frage 1: Verbringt der/die Schüler/in auffällig viel Zeit mit digitalen Medien während der Unterrichtszeit (z.B. verstecktes Handy-Nutzen, häufiges Reden über Online-Aktivitäten)?

  • Ja, regelmäßig und es beeinträchtigt die Aufmerksamkeit.
  • Gelegentlich, scheint aber kontrollierbar.
  • Nein, die Mediennutzung ist nicht auffällig.

Frage 2: Zeigt der/die Schüler/in Entzugserscheinungen oder starke Reaktionen bei Einschränkung der Mediennutzung (z.B. Unruhe, Aggressivität, Niedergeschlagenheit)?

  • Ja, deutlich und regelmäßig.
  • Manchmal, die Reaktionen sind aber moderat.
  • Nein, zeigt keine Entzugserscheinungen.

Frage 3: Vernachlässigt der/die Schüler/in zunehmend schulische Pflichten oder außerschulische Interessen zugunsten von Mediennutzung?

  • Ja, Hausaufgaben und Hobbys werden regelmäßig vernachlässigt.
  • Manchmal, scheint aber noch ein Gleichgewicht zu halten.
  • Nein, schulische und außerschulische Aktivitäten haben Vorrang.

Frage 4: Wie reagieren Mitschüler/innen? Gibt es Hinweise auf soziale Isolation oder Konflikte aufgrund der Mediennutzung?

  • Ja, der/die Schüler/in wird häufig isoliert oder hat Konflikte wegen Medien.
  • Gelegentlich, es scheint aber keine ernsthafte Beeinträchtigung.
  • Nein, der/die Schüler/in hat ein gesundes soziales Umfeld.

Auswertung:

  • Mehrheitlich erste Antworten (Ja, deutlich und regelmäßig): Es besteht ein deutlicher Handlungsbedarf. Frühintervention und Unterstützung sind empfehlenswert.
  • Mehrheitlich zweite Antworten (Manchmal/Gelegentlich): Eine Beobachtung und gegebenenfalls moderater Eingriff könnten nötig sein. Gespräche mit dem Schüler/der Schülerin und den Eltern können helfen, das Verhalten besser einzuschätzen.
  • Mehrheitlich dritte Antworten (Nein): Aktuell scheint kein Handlungsbedarf zu bestehen, regelmäßige Überprüfungen können aber sinnvoll sein, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen.